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Ich gebe es unumwunden zu: Ich bin ein Fan von "Wer wird Millionär" und von Günther Jauch. Nach Möglichkeit lasse ich mir keine Sendung entgehen, und habe auch schon massiv in die Bewerbungshotline investiert, jedoch leider ohne Erfolg. Die Chance auf das große Geld lockt, selbst wenn ich so manches Mal kläglich bei der 300 Euro-Frage gescheitert wäre.
Fragen aus Chemie und Physik sind dagegen selten, dabei steigt gerade hier der Unterhaltungswert der Sendung sprunghaft an: Der Kandidat bricht für gewöhnlich in ein Jammern aus, Herr Jauch findet mitfühlende Worte und erklärt, dass man bei den nun folgenden teuren Fragen auch schon mal schwere Dinge fragen darf. In der Tat sind Fragen aus Chemie und Physik ohne mir bekannte Ausnahme mindestens 4000 Euro, in der Regel aber noch viel mehr wert. Der Schwierigkeitsgrad geht aber nicht über grundlegende und alltägliche Sachverhalte hinaus, die fester Bestandteil des Schulstoffs der achten bis elften Klasse sind.
Nach längerem Hin und Her einigt man sich auf Ozon - ohne Joker. Herr Jauch erklärt sich mit den Worten "Ich hab' keine Ahnung" mit dem Kandidaten - einem Schüler - solidarisch, wie so oft wird mit dem Nichtwissen von elementaren naturwissenschaftlichen Sachverhalten kokettiert.
In der Tat ist es gesellschaftsfähig zu erklären, dass man etwa von Physik in der Schule keinen Schimmer hatte, und dass einen Chemie schon gar nicht interessiert hat. Stellen Sie sich einmal vor, jemand würde das Gleiche über Politik, Geschichte oder Literatur sagen! Aber letztere Gebiete gehören ja auch zur Bildung eines Menschen, die Naturwissenschaften hingegen nicht - jedenfalls, wenn man dem Literaturprofessor Dietrich Schwanitz glauben darf, der in seinem Bestseller "Bildung" unverblümt erklärt:
Die naturwissenschaftlichen Kenntnisse werden zwar in der Schule gelehrt; sie tragen auch einiges zum Verständnis der Kultur bei... [Doch] so bedauerlich es manchen erscheinen mag: Naturwissenschaftliche Kenntnisse müssen zwar nicht versteckt werden, aber zur Bildung gehören sie nicht.
Leider scheinen unsere Bildungspolitiker sich immer mehr dieser absurden Meinung anzuschließen: Wie sonst ist das stetige Zurückdrängen von Chemie und Physik aus dem Lehrplänen der Schulen zu verstehen?