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Oliver Reiser

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Polonium-210 - In tödlicher Mission [Teil 2]

von Prof. Oliver Reiser

Weniger als ein Mikrogramm Polonium könnte den Tod von Alexander Litvinenko verursacht haben.

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Polonium-210 ist ein alpha-Strahler mit einer Halbwertzeit - das heißt, das nach dieser Zeit von der ursprünglichen Menge Polonium nur noch die Hälfte vorhanden ist - von 138 Tagen. Es wandelt sich in das stabile Isotop Blei-206 um, das keine weitere radioaktive Strahlung aussendet. Da die Reichweite von alpha-Teilchen in Luft nur wenige Zentimeter reicht und von praktisch jedem Hindernis aufgehalten wird, stellt ein äußerer Kontakt mit diesem Element ein nur geringes Risiko dar. Aufgrund dieser Eigenschaften ist Polonium-210 aus der Ferne - anders als bei gamma-Strahlern - auch schwer zu detektieren, so dass dessen Transport schwer zu kontrollieren ist und beispielsweise in einer Sicherheitskontrolle im Flughafen wohl unmöglich aufzufinden sein dürfte.

Gelangt Polonium-210 jedoch in den menschlichen Körper, wird es zum tödlichen Gift. Es verteilt sich unselektiv im ganzem Körper und kann dort, trotz der geringen Eindringtiefe von alpha-Strahlen in menschliches Gewebe, die nur wenige Zellschichten beträgt, irreversible Schäden anrichten. So reicht die Energie der Strahlung auf, irreversible DNA Schäden durch Strangbuch auszulösen. Lebenswichtige Organe werden so in kürzester Zeit so stark geschädigt, dass sie in ihrer Funktion versagen.

Todesgrüße aus Moskau?

Es dürfte klar sein, dass Litvinenko das Gift über die Nahrung aufgenommen haben muss, etwa als wasserlösliches Nitratsalz, das unerkannt in ein Getränk oder ins Essen gemischt worden sein könnte. Spuren von Polonium-210 wurden in einem Londoner Sushi Restaurant gefunden, in dem Litvinenko am 1. November 2006, dem mutmaßlichen Datum des Anschlags, gegessen hatte. Die Spur des Gifts führt nach Moskau: Radioaktivität wurde an mindestens zwei Britisch Airways Maschinen nachgewiesen, die zwischen Moskau und London verkehrten. Litvinenko traf sich am 1. November in einem Londoner Hotel mit zwei russischen Männern, später dann in einer Sushi Bar mit dem Italiener Mario Scaramella, der in einer Untersuchung des italienischen Parlaments über russische Geheimdiensaktivitäten involviert ist. Litivinenko hatte noch kurz vor seinem Tod eine Erklärung abgegeben, bei der er die russische Regierung unter Putin für den Anschlag gegen ihn verantwortlich machte, was jedoch vom Kreml entschieden zurückgewiesen wurde.