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Oliver Reiser

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Warum ist der Kanarienvogel gelb?

von Christine Karl

Lutein, Ausgangsstoff für die gelbe Grundfarbe der Kanarienvögel

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Für die gelbe Grundfarbe der Kanarienvögel ist das Xanthophyll Lutein verantwortlich (Formel Abbildung links, zur Vergrößerung anklicken). Es kommt sehr oft in Pflanzen vor, aber auch im Eidotter und im Gefieder mancher Vögel. Durch Fütterungsversuche wurde festgestellt, dass die gelbe Gefiederfärbung nur auftritt, wenn Lutein mit der Nahrung aufgenommen wird. Das Lutein selbst wird aber nicht zur Gefiederfärbung verwendet, sondern es wird mit Hilfe eines bestimmten Enzyms zu „Kanarien-Xanthophyll“ umgebaut, ein sauerstoffhaltige Carotinoid, das als erstes bei Kanarienvögeln beschrieben und daher seinen Namen erhalten hat. Es ist ein Isomer des Luteins und unterscheidet sich von diesem durch die Spektralabsorbtion. Die reflektierte Wellenlänge des Kanarien-Xanthophylls wird mit 442 nm angegeben, die des Luteins mit 445.5 nm. Die Umwandlung von Lutein in Kanarien-Xanthophyll wird durch Enzyme bewerkstelligt und somit genetisch gesteuert.

Nicht alle Kanarienvögel sind gelb!

Die gelbe Grundfarbe kommt ursprünglich von dem wildlebenden Kanariengirlitz, der auf den Kanarischen Inseln beheimatet ist und aus dem der Kanarienvogel erzüchtet wurde. Es gelang aber durch die Einkreuzung des roten Kapuzenzeisigs, auch rotgrundige Kanarienvögel zu züchten. Die rote Farbe des Kapuzenzeisigs, wie der rotgrundigen Kanarien, wird durch Canthaxanthin hervorgerufen. Im Fütterungsversuch wurde festgestellt, dass die Vögel das Canhaxanthin aus Lutein erzeugen können. Der gelbgrundige Kanarienvogel bildet also das gelbe Kanarien-Xanthophyll aus dem gleichen Carotinoid, aus dem der rotgrundige das rote Canthaxanthin synthetisiert.

Kanarien-Xanthophyll und Canthaxanthin unterscheiden sich von der chemischen Struktur her lediglich durch zwei Doppelbindungen mit Sauerstoff. Kapuzenzeisige und rote Kanarien bilden zwar auch Kanarien-Xanthophyll, allerdings in wesentlich geringeren Mengen, wodurch es optisch vom roten Canthaxanthin überdeckt wird. Die Bildung und Einlagerung der Farbstoffe wird genetisch gesteuert und weiter vererbt. So erhält man aus der Kreuzung eines gelben mit einem roten Kanarienvogel normalerweise orange Jungvögel.

Gelbgrundige Kanarien sind zwar nicht in der Lage rote Xanthophylle zu bilden, sie können sie aber in ihre Federn einlagern, wenn sie über die Nahrung aufgenommen werden. Da sie aber das gelbe Xanthophyll in großer Menge produzieren und einlagern, kann durch die Fütterung roter Farbstoffe lediglich eine orange Gefiederfärbung erzielt werden.

In der Kanarienzucht traten immer wieder Mutationen auf. Dabei entstanden auch Vögel, die genetisch nicht in der Lage sind Xanthophylle zu erzeugen oder einzulagern. Ohne jegliche Pigmentierung erscheinen die Federn solcher Vögel weiß. Es existieren auch andere Mutationen, die Ort und Intensität der Pigmenteinlagerung beeinflussen. Zusammen mit den Melaninen, braun bis schwarzen Pigmenten, die keine Carotinoide sind, ergeben sich über 100 verschiedene möglicher Farbschläge für Kanarienvögel, die bisher teils durch Zufall, teils durch gezielte Zucht erreicht und erhalten wurden. Den meisten Menschen wird der Kanarienvogel dennoch wohl immer als gelb in Erinnerung bleiben!

 

Quellenangabe
Kanarien-Schramm
Spezial-Mosaik-Club