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Oliver Reiser

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Draculas Erben: Blutdoping im Sport

von Prof. Oliver Reiser

Darbepoietin, eine als bislang nicht nachzuweisend geltende Substanz macht im Leistungssport die Runde. Doch die moderne analytische Chemie hilft, Dopingsünder zu überführen.

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Gleich und doch nicht gleich: EPO und Darbepoietin alfa

EPO ist ein Glykoprotein, das aus einer Kette von 166 Aminosäuren zusammengesetzt ist, an dem noch über die Seitenketten der Aminosäuren an vier Stellen Zuckerreste gebunden sind (Abbildung links, zum Vergrößern anklicken). Im Labor wird EPO gentechnisch hergestellt, das heißt, man setzt das EPO codierende, menschliche Gen in Säugetiere, bevorzugt in chinesische Hamster, ein. Auf diese Weise wird die Herstellung eines Peptidhormons bewirkt, das in seiner chemischen Struktur zwar sehr ähnlich, aber doch nicht in allen Einzelheiten dem menschlichen EPO entspricht.

Ein solches gentechnisch verändertes EPO ist Darbepoietin alfa, das sich in den Aminosäuren und Zuckerresten vom menschlichen EPO geringfügig unterscheidet. Der Anteil an Zuckerresten ist höher, wodurch eine längere Wirksamkeit von Darbepoietin (Halbwertzeit 25 Stunden im Vergleich zu acht Stunden bei EPO) resultiert: Die Enzyme, die Peptide im menschlichen Körper abbauen (sogenannte Peptidasen) werden durch die Zuckerreste am "Fressen" gehindert. Andererseits lässt sich die Substanz dadurch aber auch länger im Blut nachweisen. Durch die größere Zahl an Zuckerresten resultiert aber auch eine höhere Ladung des Moleküls, und genau hierdurch lässt sich gentechnisch hergestelltes Darbepoietin von natürlichem EPO unterscheiden. Mit Hilfe der Elektrophorese, bei der je nach Ladung Moleküle unterschiedlich schnell durch ein elektrisches Feld wandern, wird der Nachweis von Darbepoietin zweifelsfrei möglich (Abbildung1) rechts, zur Vergrößerung anklicken).

Fazit

Darbepoietin ist als Medikament unter dem Namen Aranesp® von der Firma Amgen im Handel. Es wird gegen Blutarmut verschrieben, die durch eine chronische Nierenerkrankung ausgelöst wird, welche die Bildung von EPO in ausreichender Menge verhindert. Für hiervon betroffene Patienten bedeutet dieses Medikament eine herausragende Verbesserung ihrer Lebensqualität.

Wie viele Errungenschaften der Naturwissenschaften kann jedoch auch diese missbraucht werden. Bislang wurde behauptet, dass Aranesp® nicht nachweisbar ist, doch wurden hier glücklicherweise die modernen Analysenverfahren der Chemie unterschätzt.

Weder eine Diät noch eine eventuell negative B-Probe können den über das Verfahren der Elektrophorese geführten Nachweis von Darbepoietin alfa in einem Sportler plausibel machen: die gezielte Einnahme bleibt als einzige Erklärung.

 

1) Bildnachweis: M. Kamber, Nachweis von EPO

 

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